Bei der im vorherigen Artikel angesprochenen „Creme aus Avocadoöl und B12“ handelt es sich um Regividerm®.
Die Salbe, im Handel bzw. in Apotheken noch nicht erhältlich, erregte bereits im Vorfeld einige Aufmerksamkeit durch die WDR-Dokumentation „Heilung unerwünscht“. Stand dabei zunächst der Inhalt der Dokumentation im Vordergrund, nämlich die am Widerstand der Pharma-Industrie gescheiterte Vermarktung eines Medikamentes gegen Neurodermitis und Psoriasis, wandte sich die Kritik einige Tage nach der Ausstrahlung zunehmend gegen die Dokumentation selbst und ihre Verwicklung in das widersprüchliche Vermarktungskonzept der Salbe. Eine ausführliche Zusammenfassung der kritischen Punkte wurde von EsoWatch Psiram veröffentlicht.
Zum Teil heftige Auseinandersetzungen zwischen Kritikern der Salbe und Betroffenen, die auf Regividerm® bauen, gibt es u.a. im ÖKO-TEST Online-Forum. Es sollte aber nicht der Eindruck entstehen, dass alle Neurodermitiker bzw. Psoriatiker der Salbe unkritisch gegenüber stehen. Kontroverse Betrachtungen seitens Betroffener findet man allerorten, so z.B. im Psoriasis-Netz. Dass auch rationalistische wie esoterische Sektierer am Rande ihr Süppchen kochen, ist nicht neu.
Die entscheidende Frage der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit von Regividerm® bleibt zunächst ungeklärt.
Geplant war die Produkteinführung im November. Dieser Termin wird jedoch zumindest in Deutschland nicht einzuhalten sein, wenn es zu einer neuerlichen Prüfung der umstrittenen Salbe kommt – und diese womöglich als Medikament eingestuft wird.
Da die Rezeptur der Salbe jedoch an mehreren Stellen im Web veröffentlicht wurde, ist davon auszugehen, dass sich zahlreiche Betroffene die Salbe in Apotheken anfertigen lassen. Dies wird zwar nicht ganz einfach sein, wie die Pharmazeutische Zeitung berichtet, doch wo der Leidensdruck groß genug ist, findet sich auch ein Weg. Erste Berichte über Selbstversuche sind im Web bereits zu finden.
Derartige Versuche sind nicht unkritisch zu betrachten, denn die vielfach angenommene Abwesenheit von Nebenwirkungen ist fragwürdig. So ist selbst auf der Regividerm®-Website von sporadischen Hautreizungen (Rötungen, Juckreiz) zu lesen. Langzeitstudien zur Anwendung der Salbe gibt es bisher nicht und ob sich eine Hautreizung nicht im Nachhinein als Vorbote eines Melanoms herausstellt, ist ungewiss. Denn wie vereinzelt zu lesen ist, kann von einer Nebenwirkungsfreiheit des Vitamins B12 bei äußerlicher Anwendung nicht ausgegangen werden. Insbesondere vor Reaktionen mit Licht wird gewarnt.
Was also nun glauben?
Der erfahrene Neurodermitiker wird mehr als einmal von Wundermitteln gehört und diese vermutlich auch getestet haben. Manch einer hat SEIN individuelles Wundermittel vielleicht sogar gefunden.
Einem Neurodermitiker, der durch die harte ‚Schule der Medizin‘ gegangen ist, wird der Hinweis auf mögliche Nebenwirkungen oft nur ein müdes Lächeln abnötigen. Wer pro Jahr ein Monatsgehalt oder mehr für Cremes, Salben und Hautkuren ausgibt, wird sich nicht scheuen, weitere € 28,85 für eine Salbe auszugeben, solange er sich von ihr Linderung erhofft. Nicht zuletzt ist es manchmal vielleicht genau diese Hoffnung, die zum Erfolg führt.
Doch ist dies kein Grund, unkritisch jeder neu durchs Dorf getriebenen Sau hinterher zu eilen. Schalten Sie das Gehirn ein und werden Sie nicht müde, die Versprechen, die man Ihnen gibt, – positive wie negative – zu hinterfragen. Und wenn Sie recherchieren, bedenken Sie: „On the internet, nobody knows you’re a dog.“ Alle – A L L E – Aussagen sind interessengestützt, und Sie wissen selten, mit wem und welchen Interessen Sie es zu tun haben. Dies gilt natürlich auch außerhalb des Internets.
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